Snippets – das sind die kleinen Vorschautexte, die direkt unter dem gesuchten Begriff in der Trefferliste und über dem Link zu der entsprechenden Seite erscheinen, wenn man bei Suchmaschinen wie Google & Co. nach bestimmten Begriffen sucht. Und wegen diesen Textausschnitten, so entschied kürzlich das Landgericht Hamburg, kann der Suchmaschinenbetreiber Google auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Voraussetzung dafür sei, dass Google von den rechtswidrig angezeigten Inhalten Kenntnis erlangt, diese Snippets eine inhaltliche Aussage wiedergeben und nicht nur eine automatische Zusammensetzung des Inhalts der entsprechenden Webseite wiedergegeben werde.
In dem Sachverhalt wendete sich der Kläger an Google, weil er sich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sah und nahm den Suchmaschinenbetreiber auf Unterlassung in Anspruch.
Bei der Eingabe seines Namens in die Suchmaschine Google tauchten unter den Suchergebnissen für den Kläger unvorteilhafte Textausschnitte auf, deren Inhalt, wie er behauptete, nicht den Tatsachen entsprach. Google reagierte auf das Schreiben des Klägers, in dem er Google aufforderte, die Suchergebnisse zu löschen, mit einer Ablehnung des Löschungsantrags. Google verwies auf die Möglichkeit, mit dem Webseitenbetreiber Kontakt aufzunehmen und die Angelegenheit mit diesem zu klären – und entzog sich somit jeglicher Verpflichtung.
Über den Kläger und dessen geschäftliche Tätigkeiten sowie gerichtlich anhängige Verfahren wurden in der Vergangenheit in der Presse berichtet. Es ging damals u.a. um „Schallplatten-Piraterie“ und Insolvenzverschleppung.
Google generiert seine Suchergebnisse automatisiert und prüft die Inhalte nicht auf widerrechtliche Aussagen, was auch ein unzumutbarer Aufwand für den Suchmaschinenbetreiber darstellen würde.
Das Landgericht Hamburg entschied, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen Google zustehe. Denn der Inhalt der Suchergebnisse und die dazugehörige Verlinkung auf die beanstandete Wortberichterstattung verletzten den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Im vorliegenden Fall hatte das Gericht das Recht auf Meinungsfreiheit und das Recht auf die persönliche Ehre der Person gegeneinander abzuwägen. Es stellte klar, dass das Grundrechtecht auf freie Meinungsäußerung nicht vorbehaltlos gewährt werden könne und seine Grenzen im allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen finde.
Bei den Snippets handelte es sich nach Überprüfung des Sachverhalts vorrangig um unwahre Tatsachenbehauptungen und teilweise um Meinungsäußerungen. Die Berichterstattung war somit rechtswidrig.
Das Landgericht verwies auf das Google-Urteil des EuGH (Urteil vom 13.05.2014, Az: C‑131/12) und die BGH-Rechtsprechung und betonte nach Abwägung der Parteiinteressen, dass Google seinen Prüfpflichten nicht in angemessenem und zumutbarem Umfang nachgekommen sei. Google hafte als Störer sowohl für die rechtswidrigen Snippets als auch für die Verlinkung auf die unrechtmäßige Berichterstattung. Daher sei Google grundsätzlich nicht verpflichtet, selbst nach möglichen Rechtsverstößen zu suchen. Aber sobald der Betreiber einer Internet-Suchmaschine Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt, muss er seinen Prüfpflichten nachkommen und künftige Rechtsverletzungen verhindern.
In diesem Fall war der Betreiber von Google seinen Prüfpflichten nicht im erforderlichen Maße nachgekommen. Denn spätestens ab dem anschreiben des Klägers hatte der Suchmaschinenbetreiber davon Kenntnis erlangt und hätte den Sachverhalt auf Richtigkeit prüfen und aufgrund der offensichtlich rechtswidrigen Inhalte Maßnahmen ergreifen müssen, um in Zukunft keine persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigen Einträge mehr in der Suchergebnisliste auffindbar zu machen.
Somit war die erforderliche Wiederholungsgefahr für den Unterlassungsanspruch gegeben.
Nach diesem Urteil wird Google vermutlich im Zweifel beanstandete Einträge einfach entfernen, damit sich das Unternehmen nicht einem nicht zu unterschätzenden Haftungsrisiko aussetzt. Denn solange eventuelle Nachforschungen angestellt werden über die Richtigkeit der beanstandeten Snippets, ist Google schon dem Haftungsrisiko ausgesetzt – wenn sich das Großunternehmen überhaupt in jedem Einzelfall die Mühe machen wird, nach der Wahrheit zu forschen.
Es bleibt abzuwarten, wie Google mit diesen höchstrichterlichen Entscheidungen in Zukunft umgeht. Daher sollte man nicht zögern, wenn unliebsame oder herabwürdigende und v.a. falsche Tatsachen im Internet kursieren.
Landgericht Hamburg, Urteil vom 07.11.2014, AZ: 324 O 660/12